Kapitel 16 - ENDE DER SOMMERPAUSE -

29.09.2015 15:37

Freitag, 11. September 2015

Heute habe ich es nun endlich geschafft, das Ende der Sommerpause anzugehen.
Fast acht Wochen habe ich mich von meinem Schreibplatz hier im Arbeitszimmer ferngehalten, was nicht bedeutet, dass ich nicht geschrieben habe. Nein, ganz im Gegenteil, ich habe seitenweise in mein Tagebuch geschrieben, schön mit Füllfederhalter, wie ich das seit frühester Jugend an getan habe.
Des Weiteren habe ich den Antrag auf Bewilligung der Kostenübernahme für eine bariatrische OP geschrieben, alle Bescheinigungen über meine Aktivitäten (Ernährungsberatung, Bewegungstraining, Aquafit, psychologisches Gutachten, Diagnosen der behandelnden Ärzte etc.) als Anlagen beigefügt und bei meiner Krankenkasse am 7. August eingereicht, noch vor meiner Urlaubsreise an die Nordsee. Das war ein dicker, schwerer Umschlag, haufenweise Papier – die Rettung der Wälder muss bis nach der Rettung der Radtke warten!
Am 23. August kam ich zurück und am 24. August kam ein Brief von der Krankenkasse, den ich aufgeregt öffnete, dabei dachte ich noch: „Mann, die sind ja fix!“, doch zu früh gefreut, man schickte mir Fragebögen zur Selbstauskunft, forderte nochmal Atteste und Bescheinigungen ein, die der Krankenkasse eigentlich schon vorliegen müssten. Also machte ich Termine bei Ärzten, füllte wieder packenweise Papiere aus und wunderte mich über Fragen wie:
„Adresse ihrer Krankenkasse?“
„Ach du lieber Himmel, die wissen ihre eigene Adresse nicht, das kann ja heiter werden!“
Wieder packte ich alles in eine Versandtasche (Umschlag) und mein Verlobter warf das Ganze dann persönlich in den Briefkasten bei der an anderer Stelle angegebenen Adresse ein. Das war allerdings auch eine Pfadfinderaufgabe, denn am Haus der angegebenen Adresse war kein Schild, auch kein noch so kleines Schildchen angebracht, das auf diese Geschäftsstelle hingewiesen hätte. Erst als er in den Hausflur kam, weil ein Mensch das Gebäude verließ, fand er die beschrifteten Briefkästen, die jedoch so gestaltet waren, dass man die eingeworfene Post ohne Probleme wieder herausnehmen konnte. Wir vertrauten auf das Glück. Das war am 28. August.
Und tatsächlich bekam ich am 1. September die schriftliche Bestätigung, dass man meine Unterlagen erhalten habe.
Ja, und nun ist Warten angesagt.

Mittwoch, 16. September 2015
Wieder ein Schreiben von der Krankenkasse! Nein, keine Bewilligung, nun wollen sie noch weitere Angaben von der Psychologin, die das Gutachten gestellt hatte. Deswegen habe man „meine Psychologin“ direkt angeschrieben mit der Bitte, sie möge ihre Antwort direkt dem MDK (medizinischer Dienst der Krankenkassen) zukommen lassen. Ich fand das so ein bisschen unheimlich, dass psychologische Informationen über mich hin und her gehen, ohne dass ich selber einen Einblick habe. Also habe ich in der Praxis der Psychologin angerufen und wieder eine Enttäuschung erlebt, denn die Gute ist bis zum 23. September im Urlaub, d.h. die Sache wird sich weiter verzögern. Das nervt!
Ich kann für das vierte Quartal dieses Jahres nichts planen, keine Auftritte, keine Moderationen, keine Teilnahme an was auch immer. Nun gut, das war eigentlich abzusehen, aber jetzt, in der konkreten Situation fällt es mir doch sehr schwer, damit umzugehen. Geduld ist nicht meine Stärke und darüber hinaus neige ich dazu, in Wartezeiten Schreckensvisionen zu entwickeln:
„Was, wenn ich nicht mehr aus der Narkose erwache? Werde ich bestimmte Nahrungsmittel nie mehr genießen können?
Ist es wirklich klug, so einen unumkehrbaren Weg zu gehen?“
Da helfen dann doch die Gespräche mit Menschen, die diese OP bereits hinter sich haben und die mir alle versichern, dass es ihnen seitdem viel besser gehe, und dass die Nebenwirkungen und die kleinen Unannehmlichkeiten in keinem Verhältnis zu den Vorteilen stünden. Das sollte mich beruhigen, das tut es auch meistens, aber es bleiben Reste von Zweifeln, Befürchtungen, Grübeleien und das macht das Warten so unangenehm.


Dienstag, 22. September 2015
Dieser Brief der Krankenkasse an die Psychologin ließ mir dann doch keine Ruhe. Am 17. September rief ich bei der Kasse an, um mich zu erkundigen, welche Informationen sie von der Gutachterin haben wollten. Die Mitarbeiterin war sehr freundlich und hatte flott meinen Vorgang zur Hand. Und es war, wie ich vermutete: Die Fachleute vom MDK (medizinischer Dienst der Krankenkassen) wollten meine aktuellen Cortisolwerte und noch irgendeine Frage zu evtl. bestehenden Kontraindikationen (Gegenanzeigen) für die besagte OP.
„Mal abgesehen davon, dass ich meine Blutwerte, deren Ermittlung Aufgabe des Hausarztes ist, schon zweimal eingereicht habe, hat also die Gutachterin, die nicht meine behandelnde Psychologin ist, mit meinen Blutwerten nichts zu tun.“
informierte ich die Sachbearbeiterin.
„Tja“, großer Seufzer am anderen Ende der Telefonverbindung, „das habe ich auch schon gesehen als ich die 164 (!) Seiten durchgesehen habe, aber wenn die Herren Doktoren vom MDK mir die Anweisung auf den Tisch legen, dann muss ich das Schreiben rausschicken.“
Nachdem ich sie meiner aufrichtigen Anteilnahme versichert hatte, konnten wir ganz sachlich klären, an welche meiner behandelnden Ärzte sie die überflüssigen Anfragen schicken sollte.
Und nun warte ich weiter.

Mittwoch, 23. September 2015
Dieser ganze Papierkrieg ist leider nicht so unterhaltsam, gehört aber zwingend zu den Hürden, die ich auf meinem Weg meistern muss.
Positiv zu vermelden ist, dass mir Aquafit (Wassergymnastik) gut tut und sehr viel Spaß macht. Ich mache das weiter, auch wenn das für meinen Antrag nicht mehr nötig ist. Ich kann mich da schmerzfrei auspowern. Wir haben eine gute Trainerin die ein abwechslungsreiches und effektives Programm anbietet. Wir sind die ganze Zeit in Bewegung, gehen, hüpfen, springen, dann zusätzlich mit Wasserhanteln oder Schwimmhandschuhen (damit hat man dann Schwimmhäute, quasi) durch´s Wasser pflügen, mal mit, mal ohne Bodenkontakt. Und immer wieder mal steht Zirkeltraining auf dem Programm. Ich nenne das auch gerne: Esther-Williams-Geschicklichkeits-Parcour.
An jeder Hand und jedem Fuß jeweils eine geknotete Pool-Nudel kreisen zu lassen, gehört zu den lustigsten Übungen, das solltet ihr bei Gelegenheit unbedingt mal ausprobieren.
Das Aqua-Musical ist ein seit den fünfziger Jahren zu Unrecht in Vergessenheit geratenes Genre. Aber wir (Matthias und ich) arbeiten dran.