Kapitel 5 -...und es war Sommer-

06.05.2015 15:14

Sonntag, 19. April 2015

Der übergewichtige Mensch fällt auf. Die Leute glotzen mehr oder weniger verhohlen, manch einer fühlt sich berufen, nach wenigen Minuten des Kennenlernens mit wohlmeinenden Ratschlägen aufzuwarten, Diäten zu empfehlen ... „Also einer Freundin von mir hat ja die Hollywood-, Brigitte-, Atkins-, Null-, Trennkost-, Weight Watchers-, oder sonst was - Diät total geholfen!“

   Wie schön für die Freundin, und ach, da habe ich ja noch nie was von gehört.
   Und meist verbirgt sich hinter solchen prima Tipps die nie gestellte Frage: Wie kann ein Mensch so fett werden?

   Meine Mutter hatte natürlich auch das Problem, von allen Seiten auf ihr dickes Kind angesprochen zu werden, und stand der Angelegenheit ziemlich hilflos gegenüber. Beim Klamottenkauf konnte ich ihren Unmut spüren, weil es eine ewige Sucherei war, etwas Passendes zu finden, weil es immer teurer war, als sie eigentlich ausgeben wollte, und weil es dann doch eben nur so halbwegs gut aussah. Bisweilen trieb ihre mütterliche Fürsorge sie an die Nähmaschine, da wurden dann sogenannte Trägerröcke angefertigt. Ein ganz unvergessliches Exemplar war aus braunem Kunstleder.

   Meine Mutter hatte das, was man eine Superfigur nannte, also quasi Topmodel, damals sagte man Mannequin. 1966 ließen sich meine Eltern scheiden, und ab dieser Zeit reiste ich mit meiner Mannequin-Mutter jeden Sommer nach Spanien, wo sie im Bikini eine gute Figur machte und mir beibringen wollte, wenigstens den Bauch einzuziehen (s. Foto ganz oben).

   Wie dort unschwer zu erkennen ist, hielt sich mein Übergewicht damals noch in Grenzen, zumal wenn ich mich heutzutage so umschaue bei den jungen Menschen. Dennoch, ich war der einzige Pummel weit und breit, das einzige Kind mit geschiedenen Eltern weit und breit, und ganz klar: mit mir stimmte was nicht.

   Doch der Anfang dieser Unstimmigkeit liegt noch weiter zurück, denn die Scheidung meiner Eltern, die mich völlig überraschend traf, als ich aus den dreiwöchigen Kinderferien mit dem Jugendfahrtendienst zurückkehrte, war eher die Bestätigung, dass ich kein „normales“ Kind war.

... und es war Sommer
... als ein pickeliger 17 Jähriger durch den Stadtgarten lief, den Wogen seiner Hormone ausgeliefert, der Macht seiner Gelüste nicht mächtig, auf der Suche nach Erlösung von seinem sexuellen Verlangen. Da musste es doch jemanden geben, ein weibliches Wesen, das er berühren, erkunden, verführen konnte.

   Er wusste selbst nicht, wie viele Runden er schon im Park gedreht hatte, in dieser lauen Sommerluft, vorbei an all den luftig gekleideten jungen Damen, die ihn keines Blickes würdigten oder hinter seinem Rücken über ihn kicherten. Doch dann sah er sie! So süß, so niedlich, so adrett, so versunken im Spiel, so unschuldig; sie sollte es sein. Ein kurzer Kontrollblick, niemand in der Nähe, entschlossen packte er sie und verschwand mit ihr im Gebüsch, mit dem linken Arm umfasste er ihren kleinen Körper, mit der rechten Hand hielt er ihr den Mund zu, damit sie nicht schreien konnte ...

   ... unsere Nachbarin, eine Taxifahrersgattin namens Schmitz, die wie üblich mit dem Kissen auf der Fensterbank die Umgebung beobachtete, bemerkte mein plötzliches Verschwinden von der Bildfläche ... „Wie dat Marrijon op eimol fott wor ... „ und rief mit dem Taxifunkgerät die Polizei, die mit Martinshorn und Blaulicht anrückte, woraufhin der Pickelige mich von sich stiess und die Flucht ergriff.

   Völlig verheult, verstört, mit der vollgepieselten Unterhose in der Hand wurde ich eingesammelt, von wem, keine Ahnung. Polizei, Eltern, Nachbarin, da endet die Geschichte erst mal ...
Fortsetzung folgt ...
                                      
160,8 kg